- indisches Theater.
- ịndisches Theater.Die multikulturelle Theaterkultur Indiens ist eine der ältesten und vielseitigsten der Erde; schon in der frühesten Form des indischen Theaters haben sich Dichtung, Musik und Gesang sowie Elemente des Kunsttanzes, des Schattenspiels (aus dem u. a. die Bezeichnung des Schauspieldirektors als »sutradhara«, das ist Fadenhalter, entnommen ist) und der pantomimischen Darstellung zu einem Gesamtkunstwerk vereinigt. Dieses klassische indische Theater, das sich neben dem Sanskrit verschiedener Prakritdialekte bedient, ist auch in der Gegenwart durch die Aufführung klassischer Stücke lebendig geblieben. Die früheste Quelle zum indischen Theater ist das dem Bharata zugeschriebene Handbuch der Bühnenkunst Natyashastra, das alle Aspekte des Theaters behandelt. Das klassische Theater bearbeitete v. a. Stoffe aus der indischen Epik, die durch die Einflüsse des Mimus durch volkstümliche Stoffzyklen erweitert wurden. Auf ihn gehen auch realistischere Darstellungstechniken und die für das Sanskritschauspiel charakteristischer Dialektmischung zurück. Diese Elemente vermischen sich in den verschiedenen Typen des indischen Theaters auf unterschiedliche Weise: Das Nataka (Tanzspiel) bevorzugt epische Stoffe, während das Prakarana nichttraditionelle Stoffe darstellt; bei beiden handelt es sich um »Komödien« im Sinn des älteren europäischen Theaters; ein echtes »Drama« oder gar die Tragödie fehlen in Indien. Neben diesen beiden Haupttypen sind noch verbreitet und typisch die Posse (Prahasana) und das komische Monologstück (Bhana). - Den Anfang der erhaltenen Sanskrit-Theaterdichtung stellen die Fragmente von drei Schauspielen des buddhistischen Dichters Ashvaghosha (um 100 n. Chr.) dar. Als Höhepunkt des indischen Theaters wird Kalidasa (5. Jahrhundert) gewertet, dessen »Abhiyanashakuntala«, das einen bereits in den Puranas erwähnten Stoff behandelt, als erstes indisches Schauspiel in Europa bekannt wurde. Aus einer großen Anzahl bedeutender Schauspieldichter ist v. a. noch Bhavabhuti zu nennen, mit dem die hochklassische Epoche zu Ende ging.Das indische Volkstheater hat im Lauf der Jahrhunderte regionalsprachliche Varianten ausgebildet, die sich in ihrer jeweiligen Region trotz Film und Fernsehen auch heute großer Beliebtheit erfreuen (z. B. Yakshagana in Karnataka, Tamasha in Maharashtra, Bhavai in Gujarat, Nautanki in Uttar Pradesh, Yatra in Bengalen), wie auch, im Bereich des religiösen Volkstheaters, die alljährliche Aufführung der Ramlila, des Lebens und der Taten der Vishnu-Inkarnation Rama, in ganz Nordindien. Solche Volkstheaterformen üben inzwischen einen beträchtlichen Einfluss auf das moderne Autorentheater aus, das sich bis in die 1960er-Jahre hinein an westlichen Vorbildern orientierte (A. P. Tschechow, H. Ibsen, J. A. Strindberg; B. Brecht) und seither einige bedeutende Stücke im Volkstheaterstil hervorgebracht hat, so z. B. in Kannada »Hayavadana« von Girish Karnad (* 1938), in Marathi »Ghashiram Kotval« von Vijay D. Tendulkar (* 1928), in Hindi »Bakri« von Sarveshwar Dayal Saksena (* 1927), in Bengali »Indrajit« von Badal Sakar (* 1925). (indische Literaturen, indische Musik, indischer Tanz)B. Gargi: Theater u. Tanz in Indien (a. d. Engl., 1960);P. Thieme: Das i. T., in: Fernöstl. Theater, hg. v. H. Kindermann (1966);
Universal-Lexikon. 2012.